von Reiner Heyse*
21.12.2025
Die Riester-Rente ist tot? Ach was! Man verpasst dem Ganzen einen anderen Namen, erhöht die riskanten Versprechungen, minimiert belastendes Soziales und startet neu durch. Das Verschweigen der schädlichen Folgen für die Wirtschaftsentwicklung des Landes gehört zur medialen Begleitung des Vorhabens.
Der Entwurf zum „Altersvorsorgereformgesetz“ ist ein Appell an das Zockerherz der abhängig Beschäftigten. Für Menschen ohne Zockerneigung gibt es Angebote, das Spekulieren von Profis durchführen zu lassen. Ob das Gesetz kommt und wenn es kommt, wie lange es Bestand hat, hängt wohl von den „Vorschlägen“ der von der Bundesregierung neu eingesetzten Rentenkommission ab. Denn der vorliegende Gesetzentwurf hat einen entscheidenden Mangel: Er basiert auf Freiwilligkeit. Und die Freiwilligkeit des Riester-Sparens war ein zentraler Fehler, so die Einschätzung der Versicherungskonzerne, Walter Riesters und der immer präsenten „Experten“, wie Bert Rürup, Martin Werding, at all.
Was ist anders gegenüber „Riester“?
1. Es ist noch unsozialer als „Riester“
Zunächst sollen die Regeln zur staatlichen Förderung geändert werden. Erstaunlich ist, dass die Bundesregierung hier zunächst keine Mehrausgaben erwartet. Die Fördergelder werden also nur anders verteilt.
Aktuell gibt es fürs Riester-Sparen pro Jahr eine Grundzulage von 175 Euro plus einer Kinderzulage von 300 Euro pro Kind. Minimaler Sparbetrag dabei 60 Euro und maximal 2.100 Euro. Bedingung dabei ist, der Betrag muss zusammen mit der Förderung 4% des jährlichen Bruttoeinkommens betragen. Ist er geringer, werden die Zulagen entsprechend gekürzt.
Geplant ist jetzt, dass die Sparbeiträge bis 1.200 Euro eine staatliche Zulage von 30 % (max. 360 Euro) erhalten und für Beiträge von 1.201 bis 1.800 Euro eine Zulage von 20 % (max. 120 Euro). Der maximale Förderbetrag wächst also von 175 Euro auf 480 Euro an.
Bei der Kinderzulage soll ähnliches gelten. Sparbeiträge bis 1.200 Euro erhalten eine Zulage von 25% pro Kind. Das wären maximal 300 Euro gegenüber dem unabhängig von der Beitragshöhe pauschalierten Betrag von 300 Euro.
Der Verschiebebahnhof der Förderung wird damit sehr deutlich. Geringverdiener, geringfügig Beschäftigte und Teilzeitkräfte werden sehr viel weniger Zulagen erhalten.
Hinzu kommt, dass die Versicherer keine Verträge mehr mit Erwerbsminderungsabsicherung, Hinterbliebenenversorgung und Eigenheiminvestitionen anbieten müssen.
Als große Errungenschaft wird gepriesen, dass es neben der Variante der lebenslangen Rentenzahlung auch die Option gibt, das Fondsvermögen bis zum 85. Lebensjahr monatlich höher auszuzahlen. Pech hat, wer dann länger lebt und unter Umständen gezwungen wird, im Pflegeheim vom Einzelzimmer in ein Zweibettzimmer umziehen zu müssen.
2. Es ist noch sehr viel riskanter als „Riester“
Risikoanlagen gab es schon mit Riesterverträgen. Fondssparpläne ermöglichten Finanzanlagen in Risikokapital. Wenn Anlagespekulationen platzten, wurden Rentenwerte drastisch gekürzt und damit die Auszahlungszeiträume deutlich verlängert. Letztes Beispiel dafür die ALLIANZ, die letztes Jahr kurzerhand den Rentenwert für Fonds-Verträge von 38,74 Euro auf 30,84 Euro, also um gut 20 % kürzte. (1)
Mit dem Altersvorsorgereformgesetz soll die Spekulation zum Normalfall werden. Dazu werden drei Varianten geschaffen.
Das Altersvorsorgedepot: „Ein Hauptanliegen der Reform ist es, die Renditemöglichkeiten des Kapitalmarktes künftig stärker zu nutzen. Die Ermöglichung der realwertorientierten Anlagestrategien mit höheren Renditen ist deshalb ein zentrales Element der Reform.“ (Aus der Gesetzesbegründung)
Mit „realwertorientierter Anlagestrategie“ ist gemeint, dass unterbewertete Aktien gekauft werden in der Erwartung, die wahren, realen Werte würden sich schon irgendwie am Markt einstellen. Dem Normalbürger bleibt da nur die Spekulation mit Zuhilfenahme der Glaskugel. Irrt die Glaskugel, schrumpft das Depot, oder es ist ganz futsch. Irgendwelche Garantien oder Haltelinien sind nicht vorgesehen. Da nicht zu erwarten ist, dass in Deutschland aus den ja vielfach beklagten „Aktien-Muffeln“ millionenfache Börsen-Junkies werden, hat der Gesetzgeber ein zweites Vorsorgeprodukt in petto.
Das Standardprodukt: „Dabei handelt es sich um ein besonders einfaches Altersvorsorgedepot, das einen einfachen Sparplan mit reduzierten Wahlmöglichkeiten … darstellt“. (Aus der Gesetzesbegründung)
Dabei wird die Entscheidung, mit welchen Papieren das Depot gefüllt wird, Finanzkonzernen überlassen. Garantien gibt es auch hier keine. Die einzige Restriktion für die Fondsverwalter ist die Begrenzung der von ihnen geltend gemachten Kosten auf 1,5 %. Das klingt nach wenig, ist aber tatsächlich happig. Unterstellt man eine durchschnittliche Inflation von 2 % (wie von der EZB angestrebt), müsste die Nominalverzinsung höher als 3,5 % sein, um einen realen Zuwachs des Depots zu erreichen. Für diejenigen, denen das Vertrauen in die Finanzmärkte, oder in BlackRock, ALLIANZ und Co. fehlt und sich zieren ihren mühsam erarbeiteten Lohn verzocken zu lassen, soll es Verlässlicheres geben.
Das Garantieprodukt: Und zwar in zwei Varianten. Die erste mit der Garantie, dass zu Beginn der Auszahlungsphase 100% der angesparten Beträge zur Verfügung stehen – also unter Berücksichtigung der Entwertungen durch die Inflation mit enormen Verlusten. Die zweite Variante beinhaltet dagegen eine „Kapitalgarantie“ von lediglich 80% – verspricht dafür die windigen „Renditevorteile aus realwertorientierten Kapitalanlagen“.
Reichhaltige negative Spekulationserfahrungen ...
Zur Illustrierung, wie verantwortungslos es ist die Altersversorgung den Risiken der Finanzmärkte auszusetzen, hier einige Meldungen der letzten Monate:
* Reiner Heyse, Nachrichteningenieur, war langjähriges Tarifkommissionsmitglied in der IG Metall und Betriebsrat in einem mittelständischen Betrieb in Kiel. Weitere, äußerst sachkundige Beiträge zum Thema Rente unter seniorenaufstand.de, wo auch dieser Artikel zu finden ist
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