Stoppt Riester! Aber bitte richtig!

von Holger Balodis und Dagmar Hühne
15.05.2021



Stoppt die Riester-Rente!“ Das fordern heute – exakt 20 Jahre nach dem Start dieses unseligen Produktes – gemeinsam die Verbraucherzentralen, der Bund der Versicherten und die Bürgerbewegung Finanzwende des Ex-Abgeordneten Gerhard Schick. Eine mehr als überfällige Forderung. Fast 50 Milliarden Euro öffentliche Förderung dürften in die Riester-Rente geflossen sein – damit Versicherungskonzerne und Fondsanbieter ebenso hochprovisionierte wie unrentable Produkte unters Volk bringen durften. Ganz offenkundig ist das Projekt gescheitert: Weniger als die Hälfte der Anspruchsberichten hat einen Vertrag abgeschlossen, und von denen bekommt wiederum weniger als die Hälfte die volle Förderung. Hohe Kosten und willkürlich festgesetzte Sterbetafeln führen dazu, dass die Riester-Rente zwangsläufig für viele Sparer zu erheblichen Verlusten führt. Soweit stützen wir die Kritik von Verbraucherzentralen, BdV und Finanzwende voll und ganz. Nur was folgt daraus? Das Bündnis fordert einen staatlich geförderten „Neustart für die private Altersvorsorge“. Besser, billiger, transparenter als die bisherige Riester-Rente, aber weiterhin kapitalgedeckt, als Ergänzung zur gesetzlichen Rente. Doch das ist viel zu kurz gedacht: Eine gut gemeinte Verbesserung dieses missratenen Produkts beseitigt ja nicht den Geburtsfehler der Riester-Rente. Sie wurde eingeführt, um im Gegenzug die gesetzliche Rente erheblich beschneiden zu können. In der Hoffnung, dass die privaten Renditen den Schaden an der gesetzlichen Rente ausgleichen würden. 20 Jahre später wissen wir, dass das nicht funktioniert.

Es wäre weitaus effektiver, wieder voll auf die gesetzliche Rente zu setzen. Zusammen mit anderen Maßnahmen könnten die gesetzlichen Renten um rund ein Drittel gesteigert werden, wenn der Irrweg der zusätzlichen privaten Altersvorsorge endlich gestoppt würde. Wie gut das in der Praxis funktioniert, das sieht man am Nachbarland Österreich. Dort hat man sich zur Jahrtausendwende gegen eine Privatvorsorge à la Riester entschieden – und fährt gut damit.

Die Forderung der drei Verbraucherorganisationen nach einer gründlichen Nachjustierung der Riester-Rente mag angesichts der aktuellen und erwartbaren Machtverhältnisse im Bundestag realistisch sein. Ökonomisch und sozialpolitisch sinnvoll wäre hingegen etwas anderes: die deutliche Stärkung der gesetzlichen Rente. Davon hätten die Bürger am meisten. Unsere Haltung für bessere Renten könnt ihr nachhören und sehen in dem Talk „Ausnahme&Zustand“ auf Youtube:


Letzte Veröffentlichungen:
Holger Balodis und Dagmar Hühne: Rente rauf! So kann es klappen, DVS Verlag, 204 Seiten, 18 Euro (ISBN 978-3-932246-98-2), jetzt die leicht überarbeitete 2. Auflage

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